Diagnose

Diagnose

Der Behandlung muss natürlich eine Diagnose vorausgehen, die zwar inzwischen immer schneller und zuverlässiger gestellt wird, aber insgesamt – und gerade bei untypischem Verlauf – nicht immer einfach ist, denn der Arzt muss dafür eine erst 2007 entdeckte Erkrankung in Betracht ziehen.

Die erste Verdachtsdiagnose kann bei typischen Symptomen und typischen Auffälligkeiten bei den begleitenden Untersuchungen (Liquor, EEG, MRT) schon recht schnell in die richtige Richtung weisen, letztlich ist aber der Antikörpertest ausschlaggebend, um die Diagnose sicher zu stellen, also der Nachweis von NMDA-Antikörpern im Liquor.

Zur sicheren Diagnose gibt es seit 2016 eine Diagnoseleitlinie (veröffentlicht in „The Lancet Neurology“).

Trotzdem landen immer noch viele Patienten zuerst in der Psychiatrie, denn es ist schwierig, die Erkrankung im Frühstadium zu erkennen. Wenn die üblichen Untersuchungen und Tests, die den speziellen Antikörpertest nicht mit einschließen, ohne eindeutigen Befund sind und psychiatrische Symptome überwiegen, ist eine Überweisung in eine psychiatrische Klinik naheliegend. Daher ist es wichtig, diese Erkrankung in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken, sowohl unter Neurologen, als auch im psychiatrischen Bereich.
Lautet die Verdachtsdiagnose Enzephalitis oder Epilepsie unklarer Ursache, sind die psychiatrischen Symptome auffällig oder unklar, sollte schnellstmöglich ein Antikörpertest vorgenommen werden, um das Vorhandensein von NMDA-Antikörpern nachzuweisen (oder auszuschließen).

Leider gibt es immer noch oder immer wieder Patienten mit einem untypischen Verlauf, die eine sehr langwierige und entmutigende Odyssee hinter sich bringen müssen, von einem Arzt mit einer Verdachtsdiagnose zum nächsten Arzt mit der nächsten Verdachtsdiagnose, und die jeweiligen Behandlungsversuche bleiben erfolglos. Gerade für solche Patienten ist es oft nicht leicht, einen Arzt von der Wichtigkeit eines Antikörpertests zu überzeugen, wenn der in der Krankenakte diverse psychiatrische Diagnosen und verschiedene Symptome findet, die nicht zusammenzupassen scheinen. Da heißt es dann schnell: „Suchen Sie sich einen Therapeuten, Sie haben psychosomatische Beschwerden!“ In so einem Fall ist es ratsam, sich an eins der Zentren zu wenden, die sich speziell mit Autoimmunenzephalitis befassen (siehe GENERATE → Zentren).

Oder es wurde tatsächlich ein Antikörpertest durchgeführt, aber das Ergebnis war negativ und die Verdachtsdiagnose „psychische Störung“ bleibt bestehen. Auch das ist bei entsprechendem Verdacht ein guter Grund für den Gang zum Spezialisten, denn auch bei einem negativen Test auf NMDA-Antikörper kann eine Autoimmunenzephalitis vorliegen. Es gibt viele andere Antikörper, die eine Enzephalitis verursachen können, und obwohl in den letzten Jahren immer wieder neue antineuronale Antikörper entdeckt wurden, gibt es noch weitere, die mit heutigen Tests nicht aufgespürt werden können. Diese Erkrankungen nennt man „Autoimmunenzephalitis ohne Antikörpernachweis“, die Diagnose erfolgt nach dem Ausschlussverfahren und anhand der anderen Untersuchungsergebnisse.



Dies sind die „red flags“ bei „first-onset psychosis“, also Hinweise auf eine mögliche Autoimmunenzephalitis bei einer neu auftretenden Psychose:

  • keine Vorgeschichte psychischer Erkrankungen

  • psychiatrische Symptome bessern sich nicht durch Psychopharmaka

  • schnelle Verschlechterung

  • Teratom, Thymom oder anderer Tumor vorhanden, virale Infektion

  • milde neurologische Symptome wie z.B. Zucken im Gesicht

  • auffälliger Befund beim Hirn-MRT oder EEG

  • Pleozytose im Liquor (erhöhte Zellzahl im Nervenwasser)

    (Quelle: Dr. J.Dalmau, 2019)